Thomas Jendrysiak

Als mich im Herbst 1988 ein Arbeitskollege zu einem Vortragsabend der Fachgruppe „Kakteen und andere Sukkulenten“ mitnahm, hatte ich noch nie von Phyllokakteen gehört.

Der Vortrag von Frau Claudia Schliebener „Curt Knebel und seine Phyllokakteen“ war dann der Ausgangspunkt für meine heutige Sammlung.

Der Pflanzenbestand umfasste in den ersten Wochen ´Aurora´, ´Blume von Hawaii´, eine Ackermannii-Hybride und ´Augusta von Szombathy´. Kakteen-Haage in Erfurt war dann die größte Bezugsquelle und nach und nach entwickelten sich Kontakte zu Phyllo-Liebhabern. Die Sammlung wuchs innerhalb eines Jahres auf über 100 Pflanzen, die im Sommer auf Stellagen im Garten Wind und Wetter ausgesetzt waren (und auch heute noch sind) und überwintern müssen sie in Kellerräumen, stundenweise mit Kunstlicht versorgt.

Natürlich traten Probleme und viele Fragen auf. All zuviel Fachliteratur zu Phyllokakteen gab es leider nicht und für die Liebhaber „richtiger“ Kakteen sind Hybriden meist nicht standesgemäß (Verzeihung, liebe Kakteen-Freunde!). Die ersten Unterlagen waren schwarz-weiß-Kopien von Kakteenbüchern aus der Staatsbibliothek Dresden. Ein Glücksfall war der Erwerb des Büchleins „Phyllokakteen“ von Curt Knebel aus dem Jahr 1951.

Leider ist das Angebot an Fachliteratur zu Epicacti (früher hießen sie Blattkakteen, Epiphyllum-Hybriden und Phyllokakteen und diese Begriffe haben sich bis heute erhalten) auch heute noch eher dürftig zu nennen. Neben Katalogen von deutschen und vor allem US-amerikanischen Gärtnereien, dem Bildband ´Epiphyllum´ von Marga Leue und einigen Foto-Büchern aus Japan gibt es zwar das „Epiphyllum-Handbook“ von Scott E. Haselton aus dem Jahr 1946, aber das leider nur in Englisch.

Die EPIG ( Interessengemeinschaft Epiphytische Kakteen) bemüht sich seit ihrer Neugründung 1989 durch den unvergessenen Kurt Petersen (ich hatte noch das Glück einer mehrjährigen Korrepondenz mit ihm)  um fachliche Information ihrer Mitglieder und die ESA ( Epiphyllum Society of America) richtet ihre vierteljährlichen Bulletins an Mitglieder in aller Welt. Eines der Hauptverdienste der ESA besteht in der offiziellen Registrierung der weltweit gezüchteten Epicacti und deren Zusammenfassung im „Directory of Species & Hybrids“.

Ein großes Interesse von Anfang an habe ich daran, noch vorhandene Knebel-Sorten aufzuspüren und zu erhalten. Das beinhaltet in den allermeisten Fällen Misserfolge, wenn sich angebliche Knebel´s als etwas völlig anderes herausstellen. Für Hinweise auf einen echten Knebel bin ich sehr dankbar!

Nun zu einigen wenigen Gedanken bezüglich meiner eigenen Versuche, neue Sorten hervorzubringen.

Die regelmäßige Ausbildung von Früchten nach der Blüte der Epicacti nach Naturbestäubungen reizt sicher jeden Epi-Liebhaber irgendwann, es einmal mit der Aussaat der kleinen Samenkörnchen zu versuchen, um zu sehen, was daraus wird. Da die Samen z.B. in Aussaaterde willig keimen, ist das auch weiter kein Problem.

Das hat aber mit Züchtung im eigentlichen Sinn wenig zu tun. Theoretische Grundlagen sind wenig beliebt, aber notwendig und die Zuchtziele sollten schon definiert sein. Daraus ergibt sich dann die Auswahl von „Vater“ und „Mutter“.

Mein Wunsch sind kompakte und niedrig wachsende Pflanzen von hoher Robustheit und möglichst langer und großer jährlicher Blütenfülle.

Nachdem ich viele Jahre Pflanzen mit großen, möglichst gefüllten Blüten bevorzugt habe, gefallen mir die mit kleineren, aber vielen gleichzeitigen Blüten immer besser. Ich denke, sie bieten auch noch das größte Potential für vielfältige Farbenspiele.

Es hat sich gezeigt, dass für dieses Vorhaben ältere Sorten gut geeignet sind. Sie haben allein schon durch ihre Existenz über viele Jahrzehnte bewiesen, dass gute Anlagen in ihnen stecken. Ich zähle dazu die wenigen heute noch vorhandenen Knebel-Züchtungen, die Sorten von Walther Haage und Kurt Petersen sowie einiger amerikanischer Züchter.

Übrigens, mein (sehr wahrscheinlich) unerfüllbarer Traum ist, irgendwo noch eine Pflanze von Knebels ´Heureka´ oder ´flore pleno´ zu finden.

Ich wähle die „Eltern“ für meine Versuche aus und isoliere sie in einem kleinen Gewächshaus, damit keine Naturbestäubung z.B. durch Insekten erfolgen kann.

Natürlich gibt es viele Enttäuschungen. So hat z.B. die neue Blüte ansprechende Farben, aber der Pflanzenwuchs und auch die Anfälligkeit gegen Krankheiten ist hoch. Dann sollte man die Pflanze verwerfen!

Oder die neue Pflanze zeigt nach 7 Jahren der Entwicklung eine schöne Blüte nach meinen Vorstellungen und im nächsten Jahr sind die Farben stark verändert, d.h. sie variiert übermäßig. Auch das ist ein Grund, sie nicht registrieren zu lassen.

Immer wieder taucht folgendes Problem auf: Die ausgewählte Vaterpflanze blüht Wochen vor der Mutterpflanze. Wie kann ich die Pollen so konservieren, dass sie für eine spätere Nutzung zur Bestäubung geeignet bleiben? Dazu würde ich mich über eine Expertenmeinung, eventuell in unserem Gästebuch, sehr freuen.

Im Jahr 2008 werde ich eine Zuchtreihe mit ´Sylter Frühling´ als Mutterpflanze beginnen.

In den zurückliegenden fast 15 Jahren habe ich 17 Pflanzen mit Namen versehen und bei der ESA registrieren lassen. ´Josef J.´, ´Linda J.´ und ´Weißer von Schönburgsau´ kommen meinen Vorstellungen nahe.  

Es gibt inzwischen über 8000 registrierte Sorten und die Erzielung einer guten Neuheit ist wie ein Treffer im Lotto. Nach wie vor vergehen von der Bestäubung bis zu den ersten Blüten 5 bis 7 Jahre und es kostet viel Überwindung, die vielen Pflanzen auszumerzen, die nicht den eigenen Ansprüchen genügen.

Als Mangel bei der ESA-Registrierung sehe ich, dass jede eingereichte Sorte ohne Einschränkung registriert wird und zur Robustheit der Pflanzen keine Aussage getroffen wird. Beide Kriterien sind nur durch die Züchter selbst in ehrlicher Einschätzung und nach gründlicher mehrjähriger Beobachtung der „Neulinge“ positiv zu gestalten.

Ich wünsche mir auch mehr Ratschläge von unseren Fachleuten, die es in der EPIG in größerer Zahl gibt, beispielsweise zur Bekämpfung auftretender Krankheiten.

Erfolgreiche deutsche Züchter der neueren Zeit, wie Helmut Paetzold, Rudolf Heßing und Kurt Petersen zeigen, was bei zielstrebiger Arbeit möglich ist. Dass sie gute Sorten hervorgebracht haben zeigt sich am deutlichsten in deren weit verbreiteter Pflege bei vielen Epi-Liebhabern.

 

Thomas Jendrysiak

Ruhland, im Januar 2008

Thomas Jendrysiaks registrierte Epis            

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