Heiner Düsterhaus    -    Leben mit Epicacteen


1. Der Sammler

Die Frage ob man Epicacteen sammeln und eventuell züchten sollte, hängt sehr stark von den gegebenen Räumlichkeiten ab, die einem zu Verfügung stehen. Meine Liebe galt eigentlich immer (und gilt auch noch) den Echinocereen. Die meisten von ihnen benötigen zum guten Gedeihen ein Gewächshaus, um die klimatischen Bedingungen ihrer Naturstandorte, wenigstens annähernd, zu erreichen. In meinem Gewächshaus stehen auf den Tischen und den Regalen ca. 400-500 davon.

Die Epicacteen kamen eher zufällig nach und nach zu mir, weil ich mir einen geräumigen Wintergarten (südwestliche Ausrichtung) gebaut hatte, der in der Höhe viel Platz für die unterschiedlichsten Pflanzen bot. So kamen immer mehr Epi’s zusammen, obwohl ich das eigentlich zuerst überhaupt nicht wollte.

Mein Gewächshaus ist für die meisten Epicacteen nicht der optimale Platz, weil im Winter dort das Thermometer schon mal auf 2°C fallen kann. Im Sommer würden die Pflanzen darin verbrennen bei bis zu 40°C. Es gibt aber einige Epi’s die das mitmachen. Ich habe da mit einigen Pflanzen Experimente gemacht, die sich erstaunlich gut diesen Bedingungen anpassen, ihr Wachstum verändern (kompakter werden), öfters im Jahr blühen. Um herauszufinden welche Sorten diese Umweltbedingungen vertragen, muss man etwas im Stammbaum der Pflanzen suchen und dann einfach probieren.

So kam dann die Begeisterung für die eine oder andere Pflanze und ich fing an, mich noch mehr mit diesen Pflanzen zu beschäftigen. Man will wissen wo sie herkommen, wer sie gezüchtet hat, man findet Tauschpartner.......und so geht es munter weiter. Irgendwann steht man Morgens auf, reibt sich die Augen und sieht in seinem Wintergarten 100 Töpfe rumhängen, oder sind es auch ein paar mehr???
Alle säuberlich mit einem Etikett versehen. Da ist es dann zu spät, das Epicactusfieber hat einen erwischt - eine Kehrtwendung bekommt man jetzt nicht mehr hin. Selbst meine Frau, die bei den ersten 50 noch mit dem Kopf geschüttelt hat, resigniert von nun an; auf 10 mehr oder weniger kommt es ihr jetzt auch nicht mehr an. Es vergeht kaum eine Woche, in der man nicht ein freundliches Tauschangebot erhält. Die Epicactus Liebhaber sind allesamt sehr freundliche, globale Menschen und ständig auf der Suche nach einem Epi, der ihnen zum Glück noch fehlt, auch wenn der sich gerade auf der anderen Seite des Globus befindet. Durch meine Webseite (www.echinus.beep.de) und durch die Leidenschaft die Blüten zu fotografieren, habe ich eine unglaubliche Vielzahl an Kontakten rund um den Globus mit den Epi’s erhalten.

Der Eintritt in die Interessen - Gemeinschaft dieser Pflanzen (EPIG) so etwa 1995, war in erster Linie dazu bestimmt, an die Fachpublikationen zu gelangen, die diese Gemeinschaft in lockeren Abständen herausgibt. Leider habe ich es aus unterschiedlichen Gründen nie geschafft, mal an einem Treffen der EPIG Gemeinde teilzuhaben. Sicher spielte im Unterbewusstsein die Angst eine Rolle, von so einem Treffen mit einigen neuen Pflanzen nach Hause zu kommen. Aus diesen Heften erfuhr ich nun auch einiges über die Existenz von Persönlichkeiten wie Herrn Paetzold, oder Herrn Petersen, die sich diesen Pflanzen züchterisch gewidmet hatten. Auch mit CURT KNEBEL habe ich mich schon sehr früh beschäftigt, ich kaufte im Antiquariat das Buch von CURT KNEBEL "Phyllokakteen". Ich kann es jedem der sich mit diesen Pflanzen beschäftigt nur ans Herz legen. Auszüge daraus befinden sich auch auf meiner Webseite.

2. Der Pfleger

Ich sah meine Pflanzen dann ab irgendeinem Zeitpunkt, den ich nicht mehr zurückverfolgen kann, mit kritischeren Augen, stellte für mich und meine Kulturbedingungen Regeln auf, die ich streng befolge. Das betrifft das jährliche aus- und einräumen des jeweiligen Winterquartieres, die Pflegemassnahmen, wie giessen, düngen, schneiden. Da die meisten Pflanzen bei mir im Wintergarten auf 3-5m Höhe hängen, muss ich für diese Arbeiten von Ende Okt.- Anfang Mai auf die Leiter. Gegossen wird bei sonnigem Wetter auch schon mal im Winter. Anfang Mai werden alle Pflanzen in den Garten unter eine überdachte Aussenanlage gebracht, einige Bodenfröste werden dabei in Kauf genommen und machen den meisten Pflanzen wegen der Überdachung keine Probleme. Eingeräumt wird auch erst Ende Oktober, wenn die ersten Bodenfröste schon da waren. Ich wohne am Rande des Eggegebirges auf ca. 250m ü.M.

 

 3. Der Züchter

Züchterisch tätig wurde ich eher beiläufig und fühle mich auch nicht als solcher. Da ich gewohnheitsgemäss jedes Jahr einiges an Kakteen aussähte, kam natürlich auch irgendwann die Idee von den reichlich vorhandenen Früchten der Epicacteen mal ein paar Samen mit auszusähen. Ich wählte einen der schönsten und beliebtesten Epi‘s aus den ich hatte, den “Clown“. Das war 1997. Von dieser Aussaat zog ich 2 Pflanzen gross.
2004 haben dann beide geblüht. Ich benannte die beiden Pflanzen nach meinen Kindern “Timm D.“ und “Nina D.“
2007 habe ich beide Pflanzen bei der ESA angemeldet. Gibt es etwa eine bessere Motivation als den Erfolg?

Ein bisschen ein Erfolgserlebnis war das 2004 schon, darum habe ich in den darauf folgenden Jahren gezielte dokumentierte Kreuzungen vorgenommen und ausgesäht. So stehen und hängen jetzt bei mir 3-4 Populationen junger Epicacteen herum, bei denen ich auf die erste Blüte warte.
Bei meiner Zuchtwahl selektierte ich für meine Kreuzungen Pflanzen, die mir aus ästhetischen Gründen auffallen. Schöner kompakter Wuchs, mindestens zwei Blühphasen im Jahr und schöne möglichst mehrfarbige Blüten.

Welche Gene eine Hybride wirklich in sich trägt und wie sich diese Gene bei einer Kreuzung auswirken, lässt sich, glaube ich, als Liebhaber nur schwer voraussagen. Darum ist es und bleibt es, wenn diese Pflänzchen sich nach 4-8 Jahren zu einer Blüte entschliessen, ein spannender Moment im Leben eines Epicacteenliebhabers.

Es kann sein, dass es unter Laborbedingungen da andere Möglichkeiten geben mag, aber die sind mir verschlossen. Mein Ziel wäre eine kompakte, buschig wachsende Pflanze, die bei richtiger Pflege 2-3mal im Jahr blühen könnte. Da ich Pflanzen mit solchen Eigenschaften habe, bin ich da sehr gespannt, ob sich diese Eigenschaften auch vererben.

Das Problem ist eigentlich, die Sämlinge richtig zu selektieren. Da man nicht den Platz hat, 1000 Sämlinge gross zuziehen, muss man selektieren, bevor man die erste Blüte sehen kann. Dieses nur anhand der Wuchsform eines Sämlings vorzunehmen, ist ein ziemliches Lotteriespiel.

Man kann die Sämlinge natürlich auch pfropfen um schneller zu einer blühfähigen Pflanze zu gelangen, ich habe das bei den Echinocereen gemacht und schnell gelernt, dass das natürliche Erscheinungsbild der Pflanze nicht mehr stimmt. Darum habe ich das aufgegeben. Auch bei den Epi’s werde ich das nicht praktizieren, weil ich den Blick auf den natürlich gewachsenen Sämling behalten möchte.

 

 4. Fazit

Im Laufe der Zeit wuchs mein Wissen um die Pflege der Epi‘s. Natürlich machte ich Phasen verschiedener Geschmäcker durch. So gab es Zeiten in denen ich Rote und Pinkfarbene sammelte, dann Kleine Blüten, Gelbe oder Gefüllte. Jetzt gilt die Devise "weniger ist mehr". Und so werde ich mich darauf konzentrieren, so vielen Sämlingen wie möglich die Chance zu geben, bei mir zum Blühen zu kommen. Die Zeit wird zeigen ob das eine gute Entscheidung war, aber Glück wird nur entlang der Straße gefunden, nicht am Ende des Wegs.



Heiner Düsterhaus
26. März 2008